Religiöses Weihnachtsgedicht
In diesen Wochen heimlich aufgeblüht,
Des Kinderglaubens zarte Wunderblume -
Der keusche Kelch, wie lieblich er erglüht.
Ich knie vor dem vergeßnen Heiligtume
In holder Scheu, wie einst der Knabe, nieder
Und atme solche Segensdüfte wieder
Mit durstendem Gemüt
Und allen süßen Schauern ein.
Kein Laut von außen soll mich stören
Und kein Gedanke fremder Scham,
Dir reinen Herzens, kindlich zu gehören.
Ich lausch, durchs Wolkentor, den heiligen Himmelschören,
Dem Engelsgruß, der zu den Hirten kam,
Ich seh das Kreuz, vernehm des Heilands Stimme,
Und seh sein Blut, das auf die schlimme,
Die arge Welt wie lauter Rosen taut:
Ich sterb für dich, du meine süße Braut.
Kniet, Stolz und Trotz, die Stirne tief geneigt,
All euer Prahlen thront auf toten Grüften,
Daraus kein Hauch des ewigen Lebens steigt.
Hier badet euch in diesen holden Düften:
Dies zarte Blümlein, weiß und schlicht,
Es birgt in seinem Kelch das Licht,
Das alles Leuchten dieser Welt
Mit seinem Glänzen überhellt.
So hoch ihr steigt, von Schein zu Schein,
Das letzte Licht, es wird ein Wunder sein.
Gustav Falke
Er kam, den Gott uns sandte,
Der Herr der Herrlichkeit,
Er kam zu uns und wandte
In Freude unser Leid.
Er kam, und voll Erbarmen
Hat er uns angeblickt,
Er kam und hat uns Armen
Das matte Herz erquickt.
Er kam und hat uns Müden
Die süße Ruh' geschenkt,
Er kam und hat den Frieden
In unsre Brust gesenkt.
Er kam, und jeden Schaden
Hat seine Hand geheilt,
Mühselig und beladen
Sind wir zu ihm geeilt.
Er kam, auf den wir harrten,
Er hat sich eingestellt,
Wir sollen nicht mehr warten,
Er kam in diese Welt.
Ernst Heinrich Fischer
Wer nahet dort so milde
Jerusalem der Stadt?
Es ist der Fürst des Friedens,
Den Gott gesendet hat.
O machet hoch die Thüren,
Die Thore machet weit,
O eilet ihm entgegen
Und gebt ihm das Geleit.
Dann öffnet auch die Häuser
Und laßt den König ein,
Was dieser König segnet,
Das wird gesegnet sein;
Und segnend will er treten
Auch in das kleinste Haus,
Er kommt mit reichen Gaben
Und teilt sie freundlich aus.
Läßt man den König heute
Zu allen Thüren ein,
So sollen auch die Herzen
Ihm nicht verschlossen sein;
Ein Haus hat nicht ein jeder,
Ein Herz hat jedermann,
Ein Herz, das man ihm öffnen,
Das man ihm schenken kann.
Ernst Heinrich Fischer
Wieder hat der Himmel
Still sich aufgethan,
Lauschend hält die Schöpfung
Ihren Odem an.
Denn es steigt hernieder,
Der die Welt gemacht,
Und die Klarheit Gottes
Leuchtet durch die Nacht.
Doch nur eine Krippe,
Keinen Königsthron,
Wählte sich des Vaters
Eingeborner Sohn.
Macht in euren Herzen
Ihm ein Bettlein weich,
So macht er hinwieder
Selig euch und reich.
Dank sei ihm und Ehre,
Der vom Himmel kam
Und die Not der Erde
Willig auf sich nahm;
Der uns ew'ges Leben
Hat herabgebracht
Und das Reich, darinnen
Fried' und Freude lacht.
Heller Weihnachtsjubel
Klinge weit und breit,
Und er übertöne
Jedes Erdenleid!
Ernst Heinrich Fischer
Seht dort das holde Kindelein,
Wo kam es her? Wes mag es sein?
Die Engel haben es gebracht
In stiller, heil'ger Weihenacht.
Es kam aus seines Vaters Schoß,
Im Kripplein lag es nackt und bloß;
Maria nahm es auf geschwind,
Das wundersüße Jesuskind.
Maria hält's in ihrem Arm,
Schaut's an mit Mutterblicken warm,
"Mein Kind," so spricht sie hoch erfreut,
"Sieh da, was dir der Engel beut."
"Die zarte Lilie, welche Pracht,
Mit Blättern, leuchtend wie Smaragd,
Es glänzt die Blüte, - siehst du nicht? -
So helle wie das Sonnenlicht."
"Im Silberkelche, - schau nur hin! -
Sechs güldne Fädchen blinken drin,
Streck aus die Hand, o Kindlein mein,
Nimm hin die Lilie, sie ist dein."
Das Kindlein hört's, doch abgewandt
Streckt's nach der Blume nicht die Hand,
Die Hand streckt's nach der Dornenkron,
Die reicht ihm Zachariä Sohn.
Es greift danach, wie weh es thut,
Die Dornen stechen bis aufs Blut;
Maria sieht's mit heißem Schmerz,
Ein Schwert dringt durch ihr Mutterherz.
Doch sehen's auch die Engelein
Und können nicht mehr schweigsam sein,
Sie preisen laut, sie beten an,
Was Gott an mir und dir gethan.
Denn siehe, mir und dir zugut
Vergießt dies Kindlein einst sein Blut,
Und seiner treuen Liebe Lohn
Wird sein die scharfe Dornenkron'.
Kommt alle her, kommt her und schaut
Den Weg, mit heil'gem Blut betaut,
Die Krippe und das Kreuz so nah,
Hier Bethlehem, dort Golgatha!
Ernst Heinrich Fischer
Freude, große Freude, in der heil'gen Nacht
Haben aus dem Himmel Engel sie gebracht;
Freude, große Freude kehrt jetzt bei uns ein,
Draußen klopft sie leise, laßt sie schnell herein!
Laßt sie ein, ihr Armen, denn sie macht euch reich,
Auch ein hartes Lager macht die Freude weich,
Und die engste Hütte macht sie hell und weit,
Macht ein hären Hemde uns zum Feierkleid.
Und ihr Hochbetrübten, die seit langer Zeit
Ihr in eurem Schmerze wie begraben seid,
Die vor allem Kummer ihr schon nicht mehr wißt,
Ob es Nacht, ob Morgen wieder worden ist:
Freude, große Freude zieht jetzt durch das Land,
Aber euch vor allen hat sie Gott gesandt,
Euer Herz soll schmecken ihren süßen Schein,
Hört, schon klopft sie leise, laßt, o laßt sie ein.
Auch wo eine Seele um ihr Leben ringt,
Und aus mattem Herzen banges Seufzen dringt,
Wo die Schuld der Sünde uns vor Gott verklagt
Und wir schon verzweifeln, weil es nirgend tagt:
Da, auch da klopft Freude, große Freude an,
Denn es ist erschienen, der uns trösten kann;
Jesus ist gekommen, Jesus, der uns liebt,
Der die Sünde sühnet und die Schuld vergiebt.
Freude, große Freude haben in der Nacht
Aus dem off'nen Himmel Engel uns gebracht,
Und in jedes Dunkel wirft sie ihren Schein,
Horch, schon klopft sie draußen, laßt die Freude ein!
Ernst Heinrich Fischer
Lucas Cap. 2 V. 14.
Hosianna! Gottes Engel
Steigen von dem Himmelszelt,
Seiner Gnade Segen spendend,
Nieder zu der armen Welt.
Und siehe, erleuchtet mit blendenden Kerzen
Hell ist so mancher bescheidene Raum,
Weih'voll gestimmt sind andächtige Herzen,
Alle umfängt's wie ein seltsamer Traum,
Als ob sie würden aus leidenden Tagen
Auf zu den Freuden des Himmels getragen.
Ehre sei Gott in der Höhe,
Braust der Orgel mächt'ger Klang,
Friede, Friede sei auf Erden,
Tönt der Kinderstimmen Sang.
Und leise auf Schwingen von himmlischen Chören
Schallet die Antwort verheißend zurück,
Wer seinem Heilande lebet zu Ehren,
Findet auf Erden ein dauerndes Glück,
Ja, seine Seele in gläubigem Hoffen
Siehet die Thore der Zionsstadt offen.
Liebe, Segen senkt sich nieder
Wunderbar aus Gottes Huld,
Allen Sündern wird vergeben,
Und getilgt der Menschen Schuld.
Und wie man am Bäumchen die Lichter anzündet,
Beten die Seelen um Huld und um Gnad',
Sehen, wie endlos der Heiland sie findet,
Sanft sie zurückführt zu blumigem Pfad.
Himmlische Gnade so reich im Vergeben,
Reuigen giebst du verklärteres Leben.
Allen Menschen Wohlgefallen
Spendet Gottes Herrlichkeit.
Liebt euch, seid in Liebe einig,
Gnade euch in Ewigkeit.
Höret, - es jubeln die Eltern und Kinder,
Christ ward geboren! - O, heiliges Wort;
Freut euch ihr Frommen und freut euch ihr Sünder,
Gottes Verheißung tönt fort noch und fort:
"Alle, hier unten von Leiden umfangen,
Sollen vom Himmel Erlösung erlangen!"
Julius Gersdorff