Religiöse Gedichte zu Weihnachten
Und wieder kommst du hoch vom Himmel her
Und suchst dein ewig altes Gottesrecht.
Bringst deines Himmels unverwelkten Glanz
Mit Kraft und Macht dem heutigen Geschlecht.
Und wieder wenden sich empor zu dir
Die Wanderseelen, die voll Heimweh sind,
Die heißen Herzen, an der Welt verbrannt,
Die Augen, die vom Suchen matt und blind.
Die tausend Hände tastend an der Wand,
Die glatt und steil, ein schweigendes Verließ,
Und denen eine alte Prophetie
Der goldnen Freiheit Ausgangstor verhieß.
Der Welten Rätsel tragen sie zu dir,
Der alten Fragen ungelöst' Problem -
Die Qual des Herzens, das verlorne Glück -
Der Philosophen wandelbar System.
Das krasse Elend, das die Welt durchmißt,
Des Lasters Schmach, der Armut bittre Not,
Die Einsamkeit, in der die Seele weint,
Das harte Alter und den bittren Tod.
Da nobis pacem! Schrei'n sie auf zu dir.
Ach, ohne dich ist alles wüst und leer.
Und wieder wanderst du nach Golgatha
Mit einem Kreuz, das tausendmal so schwer
Geworden durch die Sünden unsrer Zeit.
Und lächelst selig! Kommet zu mir her,
Die ihr mühselig und beladen seid.
Therese Keiter
Steigst du herab
In geweihter Nacht
Zu sterblich Geborenen,
Liebelächelnder Gott
Der heiligen Schönheit?
Trittst mit zagendem
Kinderfuß
Die rauhe Erde,
Dem Stern vertrauend,
Der über der Wiege dir
Freudekündend erglänzt?
Arme, bäurische Hirten,
Nur bedacht ihr Schäflein zu scheeren,
Staunen dir dumpf entgegen.
Das breitstirnige Rind
Und das geduldige Grauthier
Umschnobern deine Wiege;
Die Mächtigen der Erde
Stellen dir nach,
Dich zu fahen,
Dich zu verderben:
Denn sie hassen,
Was aus dem Niedern
Emporgeblüht
Stillgewaltig
Sie überglänzet.
Dich aber retten
Einfalt und Liebe
In ein sicheres Land,
Wo unter Palmen du
Zum Sieger reifst.
Aber du kehrst zurück
Und breitest dein Reich
Königlich heiter
Ueber die armuthsel'ge
Verworrene Welt.
Ein zweites Leben, hocherhaben
Ueber dem winselnden Kummerdasein
Im Koth und Staube,
Entfachst du in deiner Jünger Busen,
Daß sie nicht gieren nach Gold und Glanz,
Nicht nach der rasch zerpflückten
Eintagsblume der Lust,
Mit welcher Knecht und Gewaltherr
Sich thöricht schmücken.
Denn uns durchduftet
Das tiefste Gemüth
Deines Paradieses
Unverwelklicher Kranz.
Wir wandeln enthoben
Der Erdenschwere
Auf Morgenwolken
Ueber das Gemeine hin,
Das unter unsrer Ferse
Sich knirschend bäumt. -
Hast du den Deinen
Alles zugeeignet,
Heiliger Genius,
Und sie vergäßen zu danken,
Was dies Sonnenstäubchen
Ihres Daseins
Allein verklärt
Mit demantenem Farbenspiel?
Ich, so lange
Mein Athem bildet
Stammelnde Worte,
Will dich preisen und feiern
In allen Stunden,
Wo dein Hauch
Flammen herabsprüht
Auf schönheitstrunkene Stirnen,
Und nicht ein Becher
Festlicher Nächte
Netze die Lippe mir,
Daß ich die ersten Tropfen
Nicht dir, du Beseelender, sprengte.
Komm herab, o komm
In geweihter Nacht
Zu uns, den Deinen,
Und bleibe bei uns,
Wenn unsere Seele zagt!
Lehr uns die Botschaft
Deiner welterlösenden
Holden Gewalt
Ausbreiten unter den Menschen,
Ob auch Begier und Tücke
Und stumpfer Knechtssinn
Lästern und höhnen.
Doch ihnen vergieb,
Den Unwissenden, was sie freveln.
Uns aber bleib ein Tröster
Bis an das Ende;
Und den letzten Strahl
Des brechenden Auges
Laß ihn begegnen
Dem milden Stern,
Der von Anbeginn
Zu dir die Pfade gezeigt
Hirten und Königen!
Paul Heyse
Steh auf! die Sonn' ist aufgegangen,
Es scheint das Licht der Herrlichkeit -
O Seele, klinge dein Verlangen,
Hell kling herein die neue Zeit!
Laß heut die frohe Kunde schallen
Weit über'n Erdenball ringsum!
Erklinge, singe, künde allen
Der Menschheit Evangelium.
Dies ist das Licht, dies ist der Morgen,
Der Vorwelt dünner Dämmerschein,
Oft leuchtend auf und oft verborgen,
Nun scheint er hell zur Welt herein,
Das Liebesrätsel ew'ger Güte,
Der Frommen Hort, der Weisen Lust -
Der Sehnsucht süße Rosenblüte
Erblüht nun voll in jeder Brust.
Drum sollst du, frohe Liebe, klingen,
Daß alle Welt in Wonne sei,
Mit allen Himmelschören singen:
Ihr dunkle Menschen eilt herbei!
O eilet euch im Licht zu baden!
Der Glanz des Himmels strahlt herein,
Und Jeder Jammer, jeder Schaden
Der Nacht soll weggeleuchtet sein!
Kommt alle, die ihr lieft verloren
In freudenloser Finsternis!
Denn Jesus Christus ist geboren,
Es scheint das lichte Heil gewiß.
O Liebesglanz! o Lebensmorgen!
O Wunderbarer Gottesschein!
Weg Sünden, Schmerzen, Zweifel, Sorgen!
Denn Jesus Christ will unser sein.
Friedrich Christian Daniel Schubart
Du lieber heil'ger frommer Christ,
Der für uns Kinder kommen ist,
Damit wir sollen weiß und rein
Und rechte Kinder Gottes sein.
Du Licht vom lieben Gott gesandt
In unser dunkles Erdenland,
Du Himmelskind und Himmelschein,
Damit wir sollen himmlisch sein:
Du lieber heil'ger frommer Christ,
Weil heute dein Geburtstag ist,
Drum ist auf Erden weit und breit
Bei allen Kindern frohe Zeit.
O segne mich! ich bin noch klein,
O mache mir den Busen rein!
O bade mir die Seele hell
In deinem reichen Himmelsquell!
Daß ich wie Engel Gottes sei
In Demut und in Liebe treu,
Daß ich dein bleibe für und für,
Du heil'ger Christ, das schenke mir!
Friedrich Christian Daniel Schubart
Komm, holdes Kind, ich bitte,
Auf meines Herzens Thron
Und herrsche voll der Gnaden
Mit Scepter und mit Kron!
Mein Aug' und Ohr behüte,
Fuß lenke mir und Hand!
Ja, gängle mich geduldig
An Deiner Liebe Band!
Abwehrend leg Dein Händlein
Mir auf den schlimmen Mund,
Erneu're Seel' und Leib mir
Und mach mich ganz gesund!
So alt und noch so kindisch,
Mir selber ich ein Spott, -
Du kindlich ganz holdselig
Und doch der starke Gott!
Emilie Ringseis
Helle Weihnachtsglocken klingen,
Freude bringen,
Und die Erde feiernd wacht.
Seht, es glüht ein Meer von Kerzen;
Kinderherzen
Jubeln laut in Ernst und Scherzen:
"Es ist Weihenacht!"
Und ich eil' auf Geistesflügeln
Zu den Hügeln,
Die um Bethleh'ms Fluren sind;
Möchte schau'n das Kripplein kleine,
Da alleine
Raum sich fand fürs himmlisch reine,
Heil'ge Gotteskind.
Ach, noch heut zu Schloß und Hütte
Nah'n die Tritte
Dieses treuen Heilands sich;
Und Er fragt:"Ihr Christenleute,
Habt ihr heute,
Da euch Lust und Lieb erfreute,
Habt ihr Raum für mich?"
Hörst du diese holden Worte,
Tu die Pforte
Auf, o Herz, und laß Ihn ein!
Mach' Ihm Raum, Er will dir geben
Ew'ges Leben,
Will dich einst zu sich erheben
In den Himmel fein!
Dora Rappart