Geschichten zu Weihnachten in Versen


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Geschichten Weihnachten

Weihnachsabend

I.

Und hörst Du, Mutter, recht viel Licht!
Hell muß, wie nie, mein Baum dann scheinen!
Warum verhüllst Du Dein Gesicht,
Weshalb denn immer wieder weinen?
Das Christkind kommt, - ich sah's im Traum!
Und macht dann ganz gesund mich wieder,
Dann sing' beim hellen Tannenbaum
Ich all' die schönen Weihnachtslieder!"

Wie süß des Mundes Liebeslaut,
Wie heiß der Wänglein fiebergluthen!
Das Mutteraug' so angstvoll schaut,
Das Mutterherz kann still nur bluten!
So spricht die Kleine Tag und Nacht
Bei klarem Sinn, im Fiebertraume
Von einem Licht voll selt'ner Pracht,
Vom lichterhellen Weihnachtsbaume!

Und sieh' - an Kindleins Krankenbett
Die Mutter schmückt - mit heißen Schmerzen!
Ein Bäumchen, schlank und wundernett,
Mit gold'ner Zier und vielen Kerzen,
Wie sie seit Jahren es gethan
Zu ihres Lieblings Hochentzücken!
Ach, dies Mal will des Festes Nah'n
Ihr Herz in Grund und Boden drücken!

Kaum kann ihr Aug' vor Thränen seh'n,
Doch endlich ist das Werk vollendet,
Sie sieht im Schmuck das Bäumlein steh'n,
Ihr Blick zum kranken Kind sich wendet.
Das hat ihr lächelnd zugeschaut,
Die Aeuglein schon wie Sterne Schimmern:
"O Mütterlein, wie lieb und traut!
Wenn nur erst all' die Lichter flimmern!"

Du süßes Kind! Dein Weihnachtsbaum,
Nicht brennt er mehr auf Erdenauen,
Nein, in des Himmels lichtem Raum
Sollst Du das Christkind selber schauen!
Du singst mit allen Engeln bald
Das Gloria, das sie einst sangen,
Und siehst Christkindleins Weihnachtswald
In wunderbarem Schimmer prangen! - -

Um Mitternacht kniet betend still
Die Mutter an dem Bett der Kleinen,
Die Kraft ihr fast versagen will,
Sie senkt das Haupt in leisem Weinen.
Da ruft das Kind in Jubelton,
Als fühlt'es nichts von Todesqualen:
"O Mutter, Licht! von Christkinds Thron
Mir schon die Weihnachtslichter strahlen!"

II.

O Weihnachtsfest, Du Fest der Freud'
Für tausende von Menschenherzen!
O Weihnachtslicht, erhellst du heut
Die Stätten auch voll Weh und Schmerzen?
Sieh' dort am Wald ein Häuschen klein,
Da weilt ein Herz, so schmerzbeklommen,
Als wär' ihm jeder Hoffnung Schein
Und alles Freudenlicht genommen!

Leer an der Wand das Bettlein dort!
Es ward ja fort getragen heute
Das süße Kind - zum Friedhof fort,
Bei Sterbelied und Grabgeläute!
Schon bricht die frühe Nacht herein,
Des kurzen Tages Licht begrabend;
Jetzt ist sie, - ach! - erst recht allein,
Allein - am heil'gen Weihnachtsabend!

Sie preßt die Hände vor's Gesicht,
Doch keine Thräne will heut fließen,
Ach, solch' ein Schmerz hat Thränen nicht,
Die sich wie Balsam lind ergießen!
Ist Alles nur ein schwerer Traum?
Braucht sie vielleicht nur aufzuwachen?
Dort steht der schöngeschmückte Baum, -
Ein Weihnachtsbaum sollt' froh doch machen!

Froh! - Ach, sie blickt auf's kleine Bett, -
Kann je noch wieder froh sie werden!
Ja, wenn sie eine Seele hätt',
Die noch ihr Eigen wär' auf Erden!
Doch Niemand ist wohl so allein,
Längst ward ihr schon der Mann entrissen,
Heut grub ihr einzig' Kind man ein, -
So mußt' ihr letztes Blut sie missen! - -

Horch! ob das nicht wie Klopfen klang! -
Sie fährt empor und eilt zur Pforte;
Da steht ein Kind - so scheu und bang',
Ein Bild der Noth - doch ohne Worte!
Vom müden Aug' die Thräne quillt,
Die klare Stirn ist schmerzumschattet,
Ein armes Kleid zur Noth verhüllt
Den zarten Leib, von Frost ermattet.

In dieser Augen tiefem Blau,
In dieser Locken lichtem Golde,
Da meint die arme junge Frau
Ihr Kind zu seh'n, das engelsholde!
Fast übermannt's ihr Mutterherz,
Sie beugt sich schnell zur armen Kleinen,
Da thaut er auf, der starre Schmerz,
Und macht sich Luft in langem Weinen!

Dann zieht sie sanft das scheue Kind
Mit sich hinein zum warmen Raume,
Und bald sie auch entzündet sind,
Die Lichter all' am Weihnachtsbaume!
"Sieh' hier, mein Kind, die Gaben Dein,
Vom Christkind selbst Dir zubereitet,
Und ich bin nun Dein Mütterlein,
Sein Engel hat Dich hergeleitet!" -

Mit glückverklärtem Angesicht
Steht wie im Traum die arme Kleine; -
Im Mutterherzen wird es Licht,
Und ob es auch durch Thränen scheine!
Sie blickt zum hellen Weihnachtsbaum,
Dann still zum Waisenkinde wieder, -
Und lächelnd sieht vom Himmelsraum
Ein Englein auf die Zwei' hernieder!

Cordula Peregrina


Zweierlei Weihnachten!

Was hör' ich leise klingen zu mitternächt'ger Stund'?
O horch! die Engel singen auf weitem Erdenrund:
"Der Heiland ist geboren, - Gott in der Höh' sei Ehr',
Der Welt, - die sonst verloren - sei Friede rings umher!"

Und in der Engel Lieder mischt sich der Glocken Schall,
Verkündend Allen wieder - in sel'gem Freudenhall
Daß bald Er werde kommen, der Heiland aller Welt,
Daß heut - bei allen Frommen - Er Seinen Einzug hält!

Da herrscht bei Alt' und Jungen die reinste Weihnachtslust
Die Schmerzen sind bezwungen, hoch hebt sich jede Brust,
Der Kinder Herzen pochen, ihr Auge strahlt und lacht,
Weil endlich angebrochen die liebste, schönste Nacht!

Und mit den Kindern werden die Alten wieder jung,
Denn Lieb' eint heut auf Erden sich mit Erinnerung!
Der eig'nen Jugend Wonne bei Christbaums hellem Strahl
Verklärt gleich lichter Sonne die Herzen allzumal!

O Fest, wie kein's so wonnig wohl auf der ganzen Welt,
Fest, das so süß und sonnig ein jedes Herz erhellt
Mit lichtem Weihnachtschimmer, mit reinster Himmelslust,
Das Paradies noch immer bringst Du der sel'gen Brust!

II.

Was hör' ich leise tönen aus jenem stillen Haus?
Ach! schmerzlich banges Stöhnen haucht bleicher Mund dort aus!
Die Augen, die voll Leben und Lieb' einst froh gelacht,
Von Schatten sind umgeben, - es naht die letzte Nacht!

Da ruht die holde Blüthe, - von Todes Hand geknickt,
Sie, - deren Glanz und Güte so Herz wie Aug' erquickt,
Der Eltern Trost und Wonne, ihr Kleinod, Stolz und Ruhm,
Des Hauses Licht und Sonne - bald stille Friedhofsblum'!

Das hat der Eltern Herzen um allen Trost gebracht!
Beim Schein der Sterbekerzen - o welche heil'ge Nacht!!
Anstatt mit ihr - wie immer - beim Christbaum froh zu steh'n,
Sie heut - beim Kerzenschimmer - ihr Auge brechen seh'n!

Am Fest der höchsten Freude für sie der tiefste Schmerz!
Was stärkt in solchem Leide ihr gramzerriss'nes Herz!
Ach! nur der Blick nach Oben in thränenvollem Fleh'n,
Sonst könnt' in solchen Proben man wohl zu Grunde geh'n!

Doch nein, Ihr armen Herzen, zum Himmel blickt hinauf,
Dort thut für Eure Schmerzen ein Trostquell lind sich auf,
Beim Sternenglanz hernieder steigt Gott als armes Kind,
Und heilt voll Liebe wieder die wund und traurig sind!

Was soll für Seine Liebe denn unser Dank wohl sein?
Daß wir - aus freiem Triebe - Ihm fromm das Liebste weih'n,
Das Liebste, was wir haben, sobald Er es verlangt;
Wohl sind's oft harte Gaben, vor denen schwer uns bangt!

So sollt die größte Gabe auch Ihr dem Himmel weih'n,
Bald trägt man Euch zu Grabe das einz'ge Töchterlein,
Wer kann's Euch da verdenken, daß fast das Herz Euch bricht,
Bei solchen Christgeschenken fehlt's wohl an Thränen nicht!

Doch sprecht - ob auch daneben das Aug' in Thränen schwimmt:
"Gott hat sie uns gegeben, und Gott sie heut uns nimmt!
Sein Name sei gepriesen, Sein Wille, er gescheh',
Wir wollen nichts, als diesen, ob noch so heiß das Weh!"

So sprecht, Ihr wunden Herzen, in frommem Glauben heut,
Weiht Gott heut Eure Schmerzen, wo alle Welt sich freut,
Dem Gott, der uns gegeben sein Kind in dieser Nacht,
Sei Eures Kindes Leben zum Opfer jetzt gebracht!

Bald schwingt aus welker Hülle sich auf ihr sel'ger Geist,
Dort - in der Freuden Fülle - den Herrn sie lobt und preis't,
Im Chor der Weihnachtsengel das Gloria sie singt,
Den weißen Lilienstengel zu Christkinds Thron sie bringt!

Fahr' wohl, du süße Blume, zu hold für diese Welt,
Blüh' nun - zu Gottes Ruhme - bei Ihm im ew'gen Zelt,
Und schmück' als Weihnachtsrose dort Christkinds Krippelein,
Das schönste aller Lose - bald ist's für immer Dein!

Ach, hart zwar ist das Scheiden von dem, was heiß man liebt,
Doch selbst im tiefsten leiden der Glaube Trost uns gibt;
Scheint trüb' auch Welt und leben sobald Dein Auge bricht,
So wollen wir erheben den Blick zum ew'gen Licht!

Schlägt einst dann uns're Stunde - wär's auch zur heil'gen Nacht!
Dann komm' und bring' uns Kunde vom Reich der ew'gen Pracht,
Dann reich' uns Deine Hände, führ' uns zum Himmel ein,
Dort dürfen ohne Ende wir dann beisammen sein!

Cordula Peregrina


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