Gedichte zum Advent
"Ich komme bald!" - Das ist die letzte Zeile,
Herr Jesu Christ, in Deinem Testament.
"Ich komme bald, nur eine kleine Weile
Seid stille noch und harrt auf den Advent;
Ich komme bald, mit meinem vollem Heile
Zu segnen die Gemeine, die mich kennt;
Ich komme bald!" - Es betet die Gemeine:
Amen, ja komm, Herr Jesu, und erscheine!
"Ich komme bald!" - Als einem goldnen Sterne
Vertrauten schon die Väter diesem Spruch,
Und hätten des Advents genossen gerne,
Eh' sie der Engel noch von hinnen trug.
Doch kam er nicht, und stets in weit're Ferne
Fand ihn gerückt der frommen Sehnsucht Flug.
Wann kommst Du, Herr? Es betet die Gemeine:
Amen, ja komm, Herr Jesu, und erscheine!
"Ich komme bald!" - Verbürgt von unserm Gotte,
Soll uns das heil'ge Wort wohl bleiben stehn.
Doch sieh, es höhnt der Spötter lose Rotte
Und spricht: was Er gesagt, wird nie geschehn.
Wir fürchten uns ja nicht vor ihrem Spotte,
Doch möchten wir des Wort's Erfüllung sehn.
Wann kommst Du, Herr? Es betet die Gemeine:
Amen, ja komm, Herr Jesu, und erscheine!
"Ich komme bald!" - Das ist die letzte Zeile,
Herr Jesu Christ, in Deinem Testament.
"Ich komme bald; dünkt euch zu lang die Weile,
Denkt, daß ihr nicht die Uhr des Himmels kennt!
Ich komme bald! seid ihr an eurem Theile
Denn auch schon wohlgerüstet zum Advent?" -
Es beugt sich tief und tiefer die Gemeine:
Amen, ja komm, Herr Jesu, und erscheine!
Emil Quandt
Es kommt ein seliger Advent,
Dem unsre Herzen schlagen,
Da bis zum letzten Erdenend
Das Kreuz ist hingetragen;
Da Ham und Japhet sind zugleich
Mit Sem im Wort gegründet,
Das Evangelium vom Reich
Ist allem Volk verkündet;
Da auf der neugebornen Welt
Mit Schaaren aller Zungen
Der Herr vom Himmel Mahlzeit hält,
Wie St. Johann besungen.
Und lehnen sich auch noch so sehr
Die Herren auf in Landen,
Und droht der Teufel noch so schwer,
Der Herr wird nicht zu Schanden!
Sein Evangelium vom Reich
Geht aus in alle Enden;
Sein Geist macht Felsenherzen weich
Und hält die Welt in Händen.
Es kommt ein seliger Advent,
Dem unsre Herzen schlagen;
Und wer in Christi Liebe brennt,
Muß davon sing'n und sagen!
Emil Quandt
1862
Du hast in des Adventes heil'gen Tagen
In fremde Fächer dich zu tief verloren;
Du mußtest Höhlen graben, Schachte bohren
Und klare Ouellen aus dem Felsen schlagen.
Du wolltest an den Straßenbau dich wagen -
Vom stillen Bethlehem zu Sions Thoren;
Du hattest dir die Forstkultur erkoren,
An Kleebau, Viehzucht fandest du Behagen.
Da soll die Weihnacht dich an and'res mahnen.
Das Christkind ruft: Hier schaue deine Bahnen!
Laß Schaf und Ochs und Heu den Oekonomen
Und Weg und Schacht den Zwergen und den Gnomen!
Hier labe dich an Werken der Titanen,
Bau' Krippen, wie sie's thaten - in den Domen!
Wilhelm Molitor
Am Himmel Wolkenjagd, bleifarb'ge Helle,
In Frost erschauernd lag die Flur, die nackte;
Fern sah herüber spukhaft der Soracte
Und lautlos schlich die gelbe Tiberwelle.
Ein junges Hirtenpaar, in Ziegenfelle
Gehüllt, schritt mit dem Dudelsack im Takte
Dem Thore zu, bis sie die Wache packte
Und unsanft sie hinwegwies von der Schwelle.
Erblichen ist in Rom, ihr guten Kinder,
Der Stern, der einst in Bethlehem erglommen.
Der Felsen Petri ward zur schroffen Klippe.
Und pochtet ihr am Vatican, noch minder
Wär' dort die Mahnung an den Stall willkommen,
Wo einst das Heil der Welt lag in der Krippe.
Paul Heyse
Schneeflocken fallen nieder,
Der Winter zog ins Land,
Nun wird Christkindlein wieder
Vom Himmel hergesandt.
Und wie die Kinder jubeln:
O Christkind, komm herein,
So bitten auch die Alten,
Ja, komm mit deinem Schein;
Mach unsre Augen helle
Und unsre Herzen weit,
Mach viele, milde Hände
Zum Geben frohbereit.
Und bringe Trost und Freude
Für jedes bange Herz,
Und leite die Verzagten
Im Glauben himmelwärts.
Die Einsamen und Armen
Mach du an Liebe reich,
Und allen müden Seelen
Der Hoffnung Schwingen zeig'!
Ja, komm, du Weihnachtssonne,
Und leuchte hell hinein
In unser aller Herzen
Mit deinem Freudenschein.
Anna Schöler
Du Liebster hinterm Gitter,
Kindlein in Mutterschooß,
O wundersam Erbarmen,
In Kleinheit also groß!
Nur Engeln bist Du sichtbar;
Sie kommen insgesammt,
Anbetung Dir zu bringen;
O hehres Engelamt!
Aus Vaters Schooß und Herzen
Herab zum ew'gen Wort, -
O neue Jakobsleiter!
Fürwahr, ein heil'ger Ort!
Sie schweben um die Jungfrau,
Die seligste Monstranz;
Weihrauch der Huldigungen
Wallt aus in Lichtesglanz.
"Thau', Himmel, den Gerechten,
"Gieb ihn, du reine Wolk'!"
So brauset das Adventlied,
Bis Weihnacht kam dem Volk.
Emilie Ringseis
Schon sind in diesen Nebeltagen
Viel rote Flämmchen angefacht.
Wo Turm und Pfeiler aufwärts ragen,
Sind Türen hell und weit gemacht.
Es geht ein Kind durch Nacht ins Helle -
Es hebt den Blick: Dein Herz entbrennt,
Und zitternd stehst Du auf der Schwelle,
Ob Dich das fremde Kind nicht kennt.
Ein Klang erwacht: Wie lange schliefst Du?
Ein Duft blüht auf: Woher, woher?
Und eine Sehnsucht klagt, als riefst Du
Schon immer durch das Nebelmeer.
So neige Dich. - Und Deine Flammen
Laß sanfter glühn. Denn alles Licht
Aus Deinem Dasein strömt zusammen
Vor eines Kindes Angesicht.
Es kennt Dich wohl. Der Gottgedanke
Gebiert Dich eh er Dich benennt. -
Und damals schrittst Du sonder Schranke
Zur Seite jenem Kind. - Advent!
Maria von Rippentrop
Er ist gekommen, den des Vaters Huld
Der Welt zur Rettung gab;
Zu uns, den Menschen voller Sünd' und Schuld,
Stieg Gottes Sohn herab.
Er, der verheißene vom Alten Bunde,
Er kam in stiller, mitternächt'ger Stunde,
Ein Kindlein arm und dennoch wunderbar,
Des freuet sich der Engel sel'ge Schar.
Halleljuah!
Er kommt noch heut, verborgen zwar und still,
Durch seines Geistes Kraft
In jedes Herz, das Ihm nur öffnen will
Und gläubig Raum Ihm schafft.
Er kommt im Wort, dem Licht auf unserm Pfade,
Er kommt mit süßem Trost im Mahl der Gnade,
Er kommt, ein Heiland, der unendlich liebt,
Ein König, der sich selbst den Ärmsten gibt.
Hallelujah!
Er wird noch kommen in des Himmels Pracht,
In großer Herrlichkeit.
O wohl der Seele, die da betend wacht
Und hält sich stets bereit!
Ja, Er wird kommen! Jedes Aug' wird sehen
Den König, den so viele jetzt noch schmähen.
Wacht auf ihr Christen, Er ist nicht mehr fern;
Zieht froh entgegen euerm Gott und Herrn!
Hallelujah!
Dora Rappart