Gedicht vom Tannenbaum


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Christbäume

O tritt doch an das Fensterlein
Und schau beim ersten Morgenschein,
Was uns in dieser letzten Nacht
Christkindlein Schönes hat gebracht.

Da prangt ein dichter Tannenwald -
Und ob es draußen rauh und kalt -
Ein jeder Baum im grünen Kleid
Mahnt uns an sel'ge Weihnachtszeit.

Die Kinder kommen schnell heran
Und blicken froh die Bäume an;
Schau'n sie im Geist in Kerzenpracht,
In schöner, heil'ger Weihenacht!

Gleich viele Wünsche rege sind,
Die zieh'n in's Herze sehr geschwind,
Daß schon das Aug' erglänzt vor Lust
Und höher schlägt die kleine Brust.

"O, Vater, sieh, den hohen Baum!
"Ich glaub', es giebt 'nen prächt'gern kaum.
"Ach, laß ihn bringen doch nach Haus -
"Du putzest ihn für mich dann aus!"

Von ferne und allein dort steht
Des armen Nachbars kleine Gret';
Erblicket einen Tannenast
Und hebt ihn auf, in scheuer Hast.

In's dürft'ge Heim sogleich sie eilt,
Wo Sorg' und bitt'rer Kummer weilt. -
Der Tannenzweig im Kämmerlein
Verbreitet einen Freudenschein.

Wenn's Alter sieht den Tannenbaum,
So wähnt es sich im hellen Raum;
Der Kindheit denket es zurück
Und an entschwund'nes Jugendglück.

O heil'ge, sel'ge Weihnachtszeit!
Der ganzen Welt, der giebst du Freud';
Ein Strahl von deinem Himmelslicht
Macht alle Finsternis zunicht.

Anna von Knobelsdorff


Das Weihnachtstannchen

Auf steiler Höh' in Winterschauern
Steht trüb ein Tannchen tief verschneit,
Das klagt mit unzufried'nem Trauern,
Daß gar so still die Winterszeit -
Just kommt ein bärt'ger Mann gegangen,
Der prüfend schaut im Wald herum -
Er sieht das schlanke Bäumlein prangen,
Und haut mit scharfer Axt es um.

Jetzt rauscht aus grauen Winterschleiern
Das Tannchen frisch und froh zu Thal,
Mit Menschen Weihnacht dort zu feiern,
Gewürdigt durch der Menschen Wahl.
Erwartungsvoll im Kammerdunkel
Lehnt bald mit duftendem Geäst
Das Bäumlein, das mit Lichtgefunkel
Soll prangen an der Christnacht Fest.

Und in den späten Abendstunden
Wird nun das Bäumlein reich geschmückt:
Ihm werden Sternlein angebunden
Und weiche Kerzlein aufgedrückt.
Da fängt sich's heimlich an zu brüsten,
Steht gar gewichtig da und stolz,
Und denkt: wie würden wohl gelüsten
Die Kameraden dort im Holz!

Noch immer schöner wird's und breiter -
Schon hat's zu tragen große Last,
Und da verhehlt es sich nicht weiter,
Daß es der reichste Weihnachtsgast.
Es stellt und reckt sich nun auf's beste,
Blickt glücklich um sich her und stolz
Und sagt, indem es senkt die Äste:
"So was gibt's nicht in unserm Holz".

Und andern Abends, wie es dunkelt,
Wird all des Christbaum's Glanz entfacht;
Und wie's so flimmert, wie's so funkelt,
Hat laut das Bäumlein aufgelacht.
Doch stürmisch eilt, von Lust beflügelt
Das Kinderschärlein just herbei,
Und in dem Jubel ungezügelt
Verhallt des Bäumleins Freudenschrei.

In Eltern- und in Kinderherzen
Thut jetzt ein reines Glück sich kund;
Es geht in Lieben, Danken, Scherzen
Das Weihnachtslob von Mund zu Mund.
Das Bäumlein wird im Chor besungen
- Man singt das Lied vom Tannenbaum -
Da hat ein Wirbel es umschlungen;
Es fällt in einen tiefen Traum.

Und wie's erwacht, lehnt's in der Ecke
Verdorrt, verlassen und bestaubt,
Einsam im rußigen Verstecke,
Arm, ohne Fuß, des Schmucks beraubt.
Jetzt seufzt es schwer: "O steile Halde,
Wo ich gewurzelt tief verschneit,
Wär' ich noch dort im stillen Walde -
Wie kurz war hier die Herrlichkeit!"

Just kommt die starke Magd gegangen,
Nimmt's über's Knie - jetzt kracht's - "o weh!"
Seufzt's Bäumlein noch im letzten Bangen:
"Nun schönes Leben, nun ade!" -
Dem einst so hoffnungsgrünen Kinde
Des Waldes gibt die Flamme Ruh -
Ein Räuchlein ringelt sich im Winde,
Sein Seelchen fliegt dem Walde zu.

Marie Hunziker-Thommen


Die Tanne

Tannenbaum, du ernster Mahner
An die Ewigkeit der Treu',
Warum klingt der Kindheit Jubel
Mir im Herzen wieder neu,
Wenn - selbst fern vom Heimatlande
Wo mir niemand grüßend winkt,
Nur ein einsam Tannenbäumlein
In der Sonne goldgrün blinkt? -

Hold in Sommerblüte prangend
Liegt die Welt in Duft und Glanz,
Kleine Waldesvögel singen
Zu der Mücken frohem Tanz.
Alles Duft und Sommerfreude,
Warme Lüfte wehen mild -
Da erblick' ich eine Tanne
Und verändert ist das Bild!

In der Heimat bin ich wieder,
In der Eltern trautem Haus,
Aus der Thüre enger Spalte
Blinkt schon Lichterschein heraus!
Und der Schein wird immer heller,
Plötzlich springt die Thüre auf:
Vor des Christbaums Strahlenbilde
Stockt der Kinderfüßchen Lauf!

Von der Tanne ernsten Zweigen
Strahlt der Kerzlein Gnadenlicht,
Um die dunklen Aestchen flirrend
Engelhaar sich schimmernd flicht
Rothe Aepfel, goldne Nüsse,
Süße Kuchen - welche Pracht!
Nicht nur Augen, Mündlein, Wangen -
Selbst das Herz im Leibe lacht!

All die Bilder seh ich wieder
Kinderfroher Weihnachtszeit,
Das vermagst nur du, o Tanne,
Mit dem dunkeln Nadelkleid!
Denn mit deinen tausend Nadeln
Hast mit magischer Gewalt,
In der Seele festgeheftet
Du der Jugend Traumgestalt!

Johanna Dirnböck-Schulz


Drei Weihnachtsbäume

In Jahren, die vergangen,
Längst hingeschwunden sind,
Seh' ich ein Bäumchen prangen,
Darunter steht ein Kind.
Das freut an all den Gaben
Der Elternliebe sich
Und kann nichts Schönres haben -
Das frohe Kind bin ich.

Es ward das Kind zum Manne,
Längst sind der Welt entrückt,
Die einst die kleine Tanne
Mir weihnachtlich geschmückt.
Der Vogel hat am Ende
Gebaut sein eigen Nest,
Da kam mit süßer Spende
Einmal das Weihnachtsfest.

Ich seh' ein Bäumchen schimmern,
Viel goldne Lichter sind
Daran, die freundlich flimmern,
Darunter steht ein Kind.
Ein Kind, ein zartes, kleines,
Hell lachend und beglückt,
Und dieses Kind ist meines,
Dem ich den Baum geschmückt.

Wie geht doch schnell und schneller
Dahin des Lebens Zeit!
Bald dunkler ist's, bald heller,
Es wechseln Freud' und Leid.
Die Sorge setzt sich nieder
Am Herd so manches Mal,
Bis daß sie endlich wieder
Vertreibt ein Sonnenstrahl.

Viel Jahre sind vergangen,
Da naht die heilge Nacht;
Ich seh' ein Bäumchen prangen
In bunter Weihnachtspracht.
Und unter Tannenzweigen,
Die Silbergarn umspinnt,
Steht - o wie rührt's mich eigen -
Mein liebes Enkelkind.

Sagt, ist mir nicht beschieden,
Wonach der Mensch begehrt?
Ich bin damit zufrieden,
Was mir das Fest beschert.
Was einstmals kaum im Traume
Mein hoffend Herz geschaut,
Ward unterm Weihnachtsbaume
Mir alles aufgebaut.

Johannes Trojan


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