Weihnachtsmanngedichte
Das Kind
"Lieb Mütterlein, o sag' mir an,
Warum der gute Weihnachtsmann
Im Winter kommt, wo's friert und schneit,
Und nicht zur warmen Sommerzeit?
Du meinst, er zöge weit daher,
Sein Bündel wäre groß und schwer
Von all' den schönen bunten Sachen,
Die art'gen Kindern Freude machen,
Ich glaub', er packte mehr noch ein,
Bei besserm Weg im Sonnenschein."
Die Mutter
"So falt' die Händchen, hör' mir zu,
Doch, Lockenköpfchen, halte Ruh',
Denn wird vom Weihnachtsmann erzählt,
Das heil'ge Christkind nimmer fehlt.
Vom Himmel schiebt's die Wölkchen fort,
Bald lauscht es hier, bald lauscht es dort,
Wo Kinder Wünsche jetzt enthüllen,
Ward ihm die Macht sie zu erfüllen,
Es theilt die Gaben liebend aus,
Knecht Ruprecht bringt sie nur in's Haus.
Im Sommer, wo die Welt voll Pracht,
Die Tage lang und kurz die Nacht,
Wo Alles grünet, Alles blüht,
Die Sonne Gold in Fülle sprüht,
Auf schatt'gem Zweig der Vogel singt,
Daß überall sein Lied erklingt,
Wer hielt im Zimmer dich gefangen?
Das Christkind selbst wird's nicht erlangen,
Stellt's auch die Gaben lockend auf,
Husch, wär'st du fort im schnellen Lauf.
Und weil du also stets zerstreut,
Wenn Sommerlust den Sinn erfreut,
Trägt in die düstre Winterzeit,
Das Christkind Lust und Seligkeit,
Es führt ein ungeahnet Glück
In unsre kalte Welt zurück,
D'rum liebes Kind, bewahr's im Herzen,
Vertrau' ihm ganz in Freud' und Schmerzen,
Und wenn du einst gar traurig bist,
Dann denk', es hilft der heil'ge Christ."
Agnes Kayser-Langerhannß