Weihnachtserzählung in Versen


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Weihnachtserzählung

Gib uns unser täglich Brot!

Ein Weihnachtsbild, 1877

Heil'ger Abend ist's zur Weihnacht. In den Landen weit und breit
Kündet es der Kirchenglocken eh'rner Ruf der Christenheit,
Daß sie nach der Engel Mahnung mög' vergessen all ihr Weh,
Daß sie fröhlich sei und juble: "Ehre sei Gott in der Höh'
Und der Friede allen Menschen, die da guten Willens sind,
Weil zu Bethlehem geboren das verheiß'ne Gotteskind;
Der Messias, der Erlösung von der Sünde Schulden bringt,
Der gebenedeite Heiland - jauchze Erde, Himmel singt!" -
Schöne Worte, fromme Mythe! Weiter nichts! Die Menschheit, ach,
Bangt und seufzet ja noch immer in der alten Not und Schmach!
Guten Willens sind wohl viele, aber eine Utopie
Ist trotzdem der holde Friede und der Herzen Harmonie.
Statt Erlösung neue Knechtschaft, wert des Fluches mehr noch fast,
Wie die vor zweitausend Jahren; neue, schwere Sündenlast.
Menschen, Christen - jauchzt ihr wirklich allesamt ohn' Unterschied?
Nein, o nein! für Millionen klingt kein Weihnachtssegenlied,
Von des Jammers schweren Lasten wird nicht ihre Seele frei,
Hört die Welt denn nicht erbebend ihres Elends Fluchgeschrei?
Könnt' zu einem Gott ich beten, und es schlüge an mein Ohr
Dieser Jammer, dieses Schreien, dieser grause Elendschor,
Ließ ich wohl die Hände sinken, schaut' nicht mehr zu Himmelshöh'n,
Und bemühte mich, den Teufel auf der Erde zu versteh'n,
Der gemeinen Selbstsucht Dämon, der da ohne Ruh' und Rast
Allgewärtig, ohn' Erbarmen, grausam seine Opfer faßt,
Um zu quälen, zu zerrütten ihren Körper, ihren Geist,
Und sie nimmer loszulassen, bis der Tod sie ihm entreißt.
Menschen, Ebenbilder Gottes, kommt, ich zeig' euch unverhüllt,
Wie an zweien euresgleichen sich das Elendslos erfüllt!

Abend ist's, doch welch' ein Abend! Rauher Wind vom Norden her
Häufet ob der bangen Erde Wolkenmassen, regenschwer,
Die verbergen alle Sterne, keiner winkt mit mildem Schein,
Gleich als müsse zu der Weihnacht die Natur in Trauer sein.
Auf entleg'nem öden Landweg eine Frau mit ihrem Kind
Schreitet langsam, wankend vorwärts gegen Regenflut und Wind.
Ihre hageren, siechen Leiber deckt kein festes wärmend Kleid,
Dürftig in des Elends Lumpen eingehüllet sind sie beid'!
"Mutter," fleht das Knäblein zitternd, "Mutter, nimm mich auf den Arm!
Bin so kalt und habe Hunger, gib mir Brod und mach' mich warm."
Seufzend hält die Mutter inne, hebt das Kind empor und spricht,
Es in ihre Arme schließend: "Komm', ja komm', doch weine nicht!
Bald geb' ich dir auch zu essen, halt nur noch ein wenig aus."
D'rauf das Knäblein: "Aber kommen wir denn bald auch an ein Haus?"
"Ja, ich seh' schon eins dort hinten, dort am Wald, es ist ganz nah,
Nur noch wenige Minuten, liebes Kind, und wir sind da."
Und das Kind schlingt seine Aermchen um der Mutter Hals; die preßt
Es an ihren kalten Busen, schmerzdurchschauert, krampfhaft fest,
Wanket mit der teuren Bürde ihrer Liebe wieder fort.
Doch nicht lang' und wieder fragt es: "Mutter, sind wir nicht bald dort?"
Dort, wo dort denn? Knäblein, wo denn? Ach, kein Haus am Walde ist
Und dahinter auch noch keines! Mutters Trost war eine List,
Deiner Tränen Lauf zu stillen, die wie Tropfen glühend Erz,
Unnennbare Qual bereitend, fielen auf ihr wundes Herz.
Doch die Hoffnung, dich zu bergen unter einem sichern Dach,
Dir zur Stärkung Brot zu reichen, die ist in ihr selbst noch wach.
Menschen, meint sie, wird sie finden, die um der Barmherzigkeit,
Um der Liebe Gottes willen ihr zu helfen sind bereit.
Weiter keucht sie, immer weiter, indes sie zusammenrafft,
Der Verzweiflung nah', die letzten Reste ihrer schwachen Kraft.
Aber öder wird die Gegend, ringsumher nur tote Flur,
Von der Menschen Wohnstatt nirgends, nirgends eine leise Spur.
Und beschwerlicher und enger wird der Weg, er windet sich
Hin durch Steingeröll und Schollen - Weib, ach, wohin führt er dich?
Da, horch auf! Hast du's vernommen? Raben krächzen durch den Sturm,
Und am Tann dort, sieh, ganz nahe, hebt sich's wie ein mächt'ger Turm
Aus dem Dunkel in die Lüfte. Vorwärts, dorten findest du
Wohl noch Menschen, die nicht weigern Brot und eine kurze Ruh.
Und die Arme mit dem Kinde wieder schneller weiterstrebt,
Achtend nicht des Wegs Beschwerde, Hoffnung hat sie neu belebt.
Bald erreicht sie das Gebäude, Raben kreisen da herum
Heiser krächzend, doch sonst bleibet alles tot und alles stumm.
Wie die Frau auch angstvoll lauschet, keiner Menschenstimme Laut
Trifft ihr Ohr; wie sie auch spähet, keinen Lichtstrahl sie erschaut;
Ihren Ruf verhöhnt das Echo aus dem finstern Mauernest,
Einer längst zerstörten Zwingburg fluchumwebter Ueberrest.
Ach, das heißt betrog'nes Hoffen, heißt Enttäuschung! Jammernd Weib,
Wohin willst du hier denn betten dein und deines Kindes Leib?
Woher willst du Brot hier nehmen? Höre, selbst der Rabenchor
Hat vor Hunger ja nicht Ruhe, krächzet "Hunger" dir ins Ohr.
Irr'nden Blicks erschaut die Mutter, lehnend an der Mauer Rand,
Gottes Sohn am Kreuz, den Heiland, der Erlösung Unterpfand.
Und sie wirft sich vor ihm nieder mit dem Kind zur Seit' und fleht:
"O, allgütiger Erlöser, dessen Fest man heut' begeht,
Heiland, der für uns gestorben, o, erbarm, erbarm dich mein,
Mein und des unschuld'gen Kindes, laß uns nicht verloren sein!
Der du Himmel, Erd' und Menschen durch dein Wort hervorgebracht,
Rette, rette, send' uns Hilfe, steh uns bei in dieser Nacht!"
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Steigt des Mutterherzens Beten nicht empor zum Himmelsthron?
Wird solch brünstig Fleh'n erhören Gottes eingeborner Sohn?
Wird er nicht hernieder steigen von dem Kruzifix am Turm?
Antwort krächzen grimm die Raben durch den immer wild'ren Sturm.
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"Mutter, Mutter, will auch beten," seufzt das Kind, und faltet fromm
Seine eisigkalten Händchen: "Lieber Jesus Christus komm,
Komm und hilf uns, denn wir hungern, und es ist so bitter kalt,
Und wir sind so krank, so müde, komm, o komm und hilf uns bald."
Fester schmiegt sich's an die Mutter, die beim "Vater unser" ist,
Wimmernd stammeln ihre Lippen: "der du in dem Himmel bist",
Und so fort bis zu der Bitte: "Gib uns unser täglich Brot",
Da fällt ein des Kindleins Jammern: "Lieber Gott, ja, gib uns Brot",
Und die Mutter schluchzend endet: "Mach von unsrer Schuld uns rein,
Wie auch wir von ganzem Herzen unsern Schuldigern verzeihn."
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Herr im Himmel, Allerbarmer, heiliger, gerechter Gott,
Rede du, du Macht der Wunder, wehr' des Rabenschreies Spott;
Hilf dem Weib und ihrem Kinde, die sich gläubig dir vertraun
In des Elends Furienhänden, lasse sie ein Wunder schau'n,
Neig dein Ohr der Mutter letztem himmelstürmendem Gebet:
"Großer Gott, erhör die Mutter, die fürs arme Kindlein fleht!
Der du einst durch einen Raben dem Elias sandtest Brot,
Dem Propheten in der Wüste, schütz auch uns vorm Hungertod;
Sende deiner Engel einen, der uns aus dem Wettergraus
Führt zu guten, milden Menschen, in ein gastlich warmes Haus!"
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Wieder das Gekrächz von oben. Und das Heilandsbildnis schwankt
In dem zähen Epheunetze, das es schützend hält umrankt.
Und des Kreuzes Aechzen mischt sich in der Armen Schmerzgestöhn,
Ihres Dulder-Schicksals Ende hat der nächste Tag gesehn.
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Ob ein Engel wohl gekommen? Ja, der Todesengel kam,
Der die Mutter mit dem Kinde in das Reich des Friedens nahm.
Engumschlossen, eiserstarrt, man am Kruzifix sie fand,
Als der Weihnachtsmorgen graute nach der Sturmnacht überm Land.
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Könnt' zu einem Gott ich beten, und es schlüge an mein Ohr
Der enterbten Millionen grausenhafter Schmerzenschor -
Ließ' ich wohl die Hände sinken, schaut' nicht mehr zu Himmelshöh'n,
Und bemühte mich, den Teufel auf der Erde zu versteh'n.

Karl Frohme


Christnacht

Entkräftet bebt
Der Tag und gräbt
Die zuckenden Flammenfänge
In die beschneiten Hänge,
Die glühen Augen auf die Nacht
Gespannt, die den Erlöser einst gebracht.
Sie wandelt hoch und hehr
Vom Nordermeer;
Vollstreckerin der Kinderträume,
Trägt sie die Wälder zarter Tannenbäume,
Darin sie Kerzenglut entfacht.
Gebahrt auf grünen Firneschilden
Zuhöchst auf überglasten Eisgefilden,
Liegt jetzt der Tag gestreckt,
Von Nebelschleierwürfen eingedeckt.

Es brandet aus ungewissen
Bläulichen Finsternissen
Ein Strudel fahler Klingen:
Das ist der Kampf der heiligen Zeit!
Die guten Geister dringen,
Zum Heerbann gereiht,
Zu Sturm und Streit,
Die argen Dämonen niederzuringen.
Ihr wühlend Fittichwehn quillt aus dem Tal.
Späthauch kredenzt
Mir seinen gletschereisigen Pokal,
Und schauernd schlürf ich seine Säfte.
Die Christnachtstunde leiht
Mir wundersame Kräfte
Und benedeit
Mich träumerisch Quatemberkind
Mit flüchtiger Gesichte Angebind,
Sie macht mein Auge sehend mit einem Mal.

Es sieht, was sich verbirgt im Ackergrunde
Und in der Urgebirge Felsgestein,
Wie überglänzt
Von brünstigem Kometenschein.
Mit Streithengst und Heerwagen
Liegt unterm Waldrandhügel,
Daraus entlaubte Buchen ragen,
Im Eisenkleid,
Zerfressen der Helm, zerbröckelt der Bügel,
Der Urzeitkämpe im Bernsteingeschmeid.
Es zwitzert unterm selben Male
Heimlich die goldne Opferschale,
Verschnörkelt und verkringelt,
Von grünaugigen Schlangen umringelt.
Und hier, durchs Wurzelwupp der Tannen,
Aus des geborstnen Steilhangs Ritzen
Seh ich die Zinken
Versunkner Herrscherkrone blitzen
Und aus gehenkelten Silberkannen
Verblühter Reiche Münzen blinken.
Dort schimmert neben dem Säulenstumpf
Verschüttet des Marmorgottes Rumpf
Und hier sein süßes, sein himmlisches Haupt,
Von zackigen Eppichranken umlaubt.
Fern türmt der Gletscherwall vereiste Türme
Auf das Genist der Stollenwürme.
Ihr Auge glimmt wie Leichenkerzen.
Sie lecken, in dornigen Knäul verschlungen,
Mit spitzgespaltenen Zungen
Begierig an des Bergs verborgnen Erzen.
Tief unten im granitnen Bauch
Der Firnefeste kauern Drachen,
Die aus gezähnten Rachen
Ausschnauben Glut und Rauch.
Sie kriechen in zerriss'ne Schlüfte
Und lauern dampfend in die Klüfte.

Jetzt fährt ein Geisterhauch empor und haucht
Den Zauber meiner Augen aus: es taucht
In aschefarben Grau die Näh und Ferne.
Aufblühen tausend Sterne.
Weit hinterm Berge singt
Ein Glöcklein wie ein schüchtern Kind;
Sein dürftig Stimmlein ringt
Im frostigen Abendwind.
Ringsum aus Dörfern und Gassen
Der Stadt sind Helfer aufgesprungen,
Es tröstlich zu umfassen,
Und schon sind hundert Zungen
Zur Höhe aufgeschwungen,
Sie schlagen empor zum Sternenschein
Und schüttern in alle Himmel hinein.
Behende in den Straßen spinnen
Die goldnen Lichterspinnen
Aus allen Fenstern und weben
Funkelnde Spinneweben.
Es bebt das Herz, die Augen schwimmen.
Aufzücken die Liederstimmen,
Und grüne Tannenzweige im Haar,
Lächelt die seligste Stunde im Jahr.

Adolf Frey


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